Begegnung in Deutschland
Sommerhitze,
mit meinen acht Jahren
vom Morgengrauen zum Abendrot
hinter dem Teppichwebrahmen.
Ein kleiner Teppich,
darauf ein Pfau,
auf dem Wege zum Basar,
zum Verkauf.
Schuhe und Hefte und Stifte
- mein Anteil am Pfauengewebe.
Vergangen die Tage,
die Jahre,
die Erinnerung voll
von Figuren und Mustern,
ernst und gesetzt wie der Pfau.
Nach Schule und Studium
zurück auf die Schulbank,
diesmal als Lehrer.
Teppichweben,
studieren,
der Ruf nach Freiheit ,
die Antwort: Haft.
Flucht aus der Haft,
monatelange
Ungewissheit,
und weiter nach Deutschland.
Ein Jahr Asylant
dann Arbeit:
Türen und Fenster putzen,
Böden aufwichen, polieren.
Da, vor mir,
im Gästezimmer,
mein Blick wie gebannt,
an der Wand
der Pfau.
Taufrisch die Farben
sitzt er gerahmt
als Wandbild.
Zum Pfau gewandelt
meine Frage:
Du,
wie kommst du hier?
Der Pfau:
Mit Glanz und Gloria.
Darauf der Pfau
zu mir:
Und du?
Ich?
Mit tausend Schmerzen.
Ich frage ihn:
Auch du
Polizei und Verhör
beim Bundesamt?
Seine Antwort:
Nein.
Fragt mich der Pfau:
Und du?
Ich schon -
und in mir erwachten
Gefängnisalpträume.
( Ali Schirasi )
sw, 26.01.05