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In einem Brief, den der neue iranische Präsident dem iranischen Parlament vorlegte, um dessen Zustimmung für das neu aufgestellte Kabinett zu erhalten, findet sich auch eine Auflistung der von Hodschatoleslam Mostafa Purmohammadi, dem vorgeschlagenen Innenminister, ausgeübten Tätigkeiten und absolvierten Schulen und Hochschulen, die hier in Kurzfassung wiedergegeben wird.
Mostafa Purhammadi kam 1959 (iranische Zeitrechnung 1338) in Qom zur Welt. Er hat an den theologischen Hochschulen in Qom, Maschhad und Teheran studiert und als ausgebildeter Geistlicher folgende Ämter ausgeübt:
1. In den Jahren 1979-1986 (1358-1365) Staatsanwalt der Islamischen Revolution in den Provinzen Chusestan, Hormosgan (mit der wichtigen Hafenstadt Bandar-Abbas), Kermanschah (Kurdistan), Maschhad. Dies waren die Jahre der Massenhinrichtungen der Oppositionellen und der nur wenige Minuten dauernden Standgerichte.
2. 1986 (1365) Staatsanwalt der Revolution beim Militär im "Westen des Landes" (gemeint ist: in Kurdistan).
3. Von 1990-1999 (1369-1378) Leiter der Auslandsspionage und der Spionageabwehr.
4. Von 2000-2005 (1379-1383) Dozent an der Imamsade-Hochschule in Teheran.
Während der Debatte über die vorgeschlagenen Minister äußerte sich der Abgeordnete Emad Afrugh, ein bekannter Anhänger der Hisbollah, im iranischen Parlament mit folgenden Worten über den kandidierenden Innenminister:
"Ich möchte davor warnen, dass wir mit einer Wahl, die sich mehr auf die Seite der Sicherheitsapparate und allumfassender Kontrolle neigt, noch einmal eine Erfahrung unserer Geschichte wiederholen. (...) Ich habe nicht vergessen, wie 1993 (1372) die Unruhen in den Städten Schiras, Maschhad, Arak und Mobarake mit aller Gewalt niedergeschlagen wurden und in einem Blutvergießen endeten. (...) Wenn wir die Geschichte vom 18. Tir (im voraus) gewusst hätten, hätten wir nie den Befehl zum Angriff erteilt." (Gemeint ist der nächtliche Angriff der Polizei und der Hisbollah auf das Studentenwohnheim in Teheran vom Juli 1999 (am 18. Tir 1378). Dieser Jahrestag wird jedes Jahr von den Studenten mit Protestaktionen begangen.)
Emad Afrugh fügte hinzu: "Wir haben im Bereich des Innenministeriums mit dem Bereich der grundlegenden individuellen und kollektiven Freiheiten, der Parteien und der politischen Organisationen, mit einer Diskussion über die Bewegungen und Unruhen in den Städten und ihrem potentiellen Nährboden, und mit der Konzentration der Armut zu tun - allesamt ein fruchtbarer Boden für wirtschaftliche und nicht wirtschaftlich motivierte Unruhen und Bewegungen."
Emad Afrugh bekundete in aller Klarheit seine Bedenken angesichts der Nominierung von Purmohammadi und erklärte: "Er war von 1990 bis 1999 (1369 bis 1378) der Leiter der Auslandsspionage und der Spionageabwehr, außerdem war er von 1987 bis 1999 (1366 bis 1378) stellvertretender bzw. amtierender Geheimdienstminister; dreieinhalb Jahre übte er das Amt eines allseits bekannten Ministers aus (AdÜ: gemeint ist der damalige Geheimdienstminister Ali Fallahian, der wegen des Mykonos-Mordanschlags in Berlin unter Beschuss geraten war). Leute wie er haben sich daran gewöhnt, nichts zu sehen, nichts zu hören und andere Leute auf die eine oder andere Art dazu zu bringen, nichts zu sehen und nichts zu hören (AdÜ: mit der "anderen Art" ist hier u.a. Folter gemeint). Und jetzt treten sie in einen Raum, in dem sie sehen und hören müssen; dies ist ein ganz anderer Raum, ein anderer Schauplatz." Zum Schluss ergänzte Emad Afrugh: "Die Ereignisse der letzten Jahre im Geheimdienstministerium sind bei Gott weder aus der Sicht der Menschenrechte, noch der göttlichen Rechte noch der Bürgerrechte zu rechtfertigen. Und ich frage jetzt - wie ist man denn mit den Tätern, den Urhebern dieser Morde umgegangen? Über Purmohammadi gibt es in der Artikel-90-Kommission (AdÜ: einer Art Petitionsausschuss des iranischen Parlaments, der aus 6 Abgeordneten besteht und sich vor allem mit Beschwerden über staatliche Morde, Gefängnisse und politische Gefangene beschäftigt) eine eigene Akte. Einzelheiten aus dieser Akte können Sie vom Vorsitzenden der Artikel-90-Kommission erfahren. War und ist unter der Gesamtheit der Geistlichen und sonstiger Bürger denn niemand zu finden, der über seine Erfahrungen aber nicht über eine solche Vergangenheit verfügt?"
Elias Naderan, ein Abgeordneter Teherans im Parlament, der ebenfalls ein radikaler Hisbollah-Anhänger ist, trat ebenfalls als Gegner der Ernennung von Purmohammadi auf: "Herr Purmohammadi gehört zu den herausragenden Persönlichkeiten des Geheimdienstministeriums und war lange Jahre ein hochrangiger Bediensteter dieses Ministeriums. Später hatte er in anderen Institutionen dieselbe Art von Funktionen. In seinem Programm, das er vorgelegt hat, war sein wichtigstes Anliegen die Sicherheitsfrage. Sein aus dem Geheimdienstapparat stammender Blickwinkel auf gesellschaftliche Probleme widerspricht nicht nur eindeutig dem Grundgesetz, sondern kann auch zu einer Verpolizeilichung des gesellschaftlichen Umfelds führen. Es gehört zu den untrennbaren Eigenschaften eines Menschen aus dem Sicherheitsapparat, alle als Angeklagte zu betrachten. (...) Wie kann ein Mensch, der ein Leben lang mit Sicherheitsfragen und im Sicherheitsapparat verbracht hat, überhaupt noch einen positiven gleichberechtigten Umgang mit der Bevölkerung, mit den ausführenden Organen und der Lokalverwaltung pflegen? Im Innenministerium muss das Gewicht speziell mit Bezug auf die Parteien, die Bevölkerung und die nicht-staatlichen Organisationen auf der Unschuldvermutung liegen. Aus der Sicht eines Elements der Geheimdienstorgane liegt das Gewicht dagegen darauf, alle als schuldig anzusehen, es sei denn, das Gegenteil sei bewiesen. Die Ereignisse, die sich während der Zeit von Purmohammadi als Stellvertreter in der Auslandsabteilung des Geheimdienstministeriums im Ausland zutrugen, könnten dazu führen, dass er bei Reisen ins Ausland verhaftet und vor Gericht gestellt wird." (AdÜ: Es geht um seine Rolle bei den Mordanschlägen auf iranische Kurdenführer in Wien und Berlin).
Hodschatoleslam Mustafa Purmohammadi, der jetzige Innenminister des Irans, hatte vor dem Parlament selbst folgendes erklärt: "Ich war erst zwanzig Jahre alt, als ich durch Märtyrer Beheschti und Märtyrer Qoddusi als Staatsanwalt unter den schwierigsten und krisenhaftesten Umständen in die problematische Region Chusestan und anschließend in die Regionen Hormosgan, Chorassan und einige andere geschickt wurde, wo ich meinen Dienst antrat."
Assad Mosannabi, ein Einwohner von Bandar-Abbas (Zentrum der Region Hormosgan) veröffentlichte seine Erinnerungen auf der Webseite von Achbar-e Rus (Tagesnachrichten): "Zu Beginn des Jahres 1359 (1980), sprich ein Jahr nach der Revolution, fielen über 600 Lehrer der Region Hormosgan, insbesondere in Bandar-Abbas, Säuberungen zum Opfer. Die Massenentlassungen führten zu einem großen Streik unter den Lehrkräften und Schülern, mit reger Unterstützung der Bevölkerung. Wegen seiner nicht-religiösen Atmosphäre und Struktur wurde Bandar-Abbas zu einer Hochburg der Gegner der Islamischen Republik.
Zu Beginn des Kriegs zwischen dem Irak und dem Iran schickte Ayatollah Chomeini zuerst Ayatollah Lahuti aus, um die Lage in Bandar-Abbas unter Kontrolle zu bringen. Nachdem dieser sich dort nicht durchsetzen konnte, machte sich Hodschatoleslam Rejschahri im Auftrag von Ayatollah Chomeini auf den Weg nach Bandar-Abbas. Die Auseinandersetzungen zwischen den politischen Gegnern der Regierung, den Hisbollahis und den Pasdaran wurden jedoch so heftig, dass schließlich nach Rejschahris erfolglosem Einsatz Hodschatoleslam Mustafa Purmohammadi - von Ayatollah Chomeini mit allen Vollmachten ausgestattet - nach Bandar-Abbas aufbrach. Rasch lief die Mordmaschinerie Purmohammadis auf solchen Touren, dass die bittere Erinnerung an dieses Jahr noch heute nicht unter der Bevölkerung und den Überlebenden dieses Horrors erloschen ist. Purmohammadi erteilte in seiner ganzen Unverfrorenheit sogar den Befehl, die Gräber der Hingerichteten Woche für Woche mit dem Bulldozer niederzuwalzen." Assad Mosannabi erstellte eine Liste, auf der die Namen von 46 Menschen aufgeführt waren, die Mehrheit Schüler im Alter von 16 bis 22, die alle auf Befehl von Purmohammadi erschossen wurden. Assad Mosannabi schrieb zum Ende seiner Erinnerungen: "Diese Liste wurde aufgrund meiner eigenen Erinnerung sowie mit der Hilfe von Freunden erstellt, die im Gefängnis waren und es überlebt haben. Die Zahl der Gehenkten und Erschossenen übersteigt die 300. Andere mögen die Namen, an die sie sich noch erinnern, dieser Liste hinzufügen."
Resa Fani, ein ehemaliger politischer Gefangener aus Maschhad, schrieb auf der Webseite http://www.iran-emrooz.net/ wie folgt: "Gegen Mittag ging die Zellentür auf. Zum ersten Mal sah ich mehrere Personen vor mir, ohne dass meine Augen verbunden waren. Einer von ihnen schrie mich an: "Dreckskerl, erheb dich, wenn der Hadschi vor dir steht!"
Meine beiden Füße waren schwarzblau angelaufen, meine Fußsohlen waren durch die heftigen Kabelschläge völlig zerfetzt. Ich wusste nicht, wer von ihnen der Hadschi war und wer nun gemeint war. Einer von ihnen fragte - wie ich ein paar Tage später beim Verhör erfuhr war es Hadschi Mostafa Purmohammadi, Staatsanwalt der Revolution: "Wie oft bist du bestraft worden?"
Der Verhörbeamte sagte: "Hadschi, bis jetzt ist er dreimal bestraft worden."
Darauf sagte Purmohammadi: "Es ist besser, wenn du mit uns zusammenarbeitet. Ansonsten richten wir dich hin."
Als ich ins Gefängnis der Pasdaran in der Kuhsangi-Straße in Maschhad gebracht wurde, drohte mir der Hadschi mehrmals mit meiner Hinrichtung. Etwas später wurde ich in eine Einzelzelle im Wakilabad-Gefängnis in Maschhad eingesperrt. Der Hadschi (=Purmohammadi) kam zu mir, und kam auf meine Hinrichtung zu sprechen, falls ich nicht mit ihnen zusammenarbeite. Nach einem Jahr Folter, Haft in der Einzelzelle und hinter ständig geschlossenen Türen wurde ich vor Gericht gebracht. Der Scharia-Richter war Hodschatoleslam Rasini, der Staatsanwalt der Revolution war Purmohammadi. Die Verhandlung dauerte nur 7 Minuten, und auf Antrag des Staatsanwalts wurde ich zum Tode verurteilt. Das Todesurteil wurde zum Obersten Gerichtshof nach Qom geschickt. Dieser stimmte auf Veranlassung von Ayatollah Montaseri, der damals als potentieller Nachfolger von Ayatollah Chomeini galt und den Obersten Gerichtshof unter seiner Aufsicht hatte, meiner Hinrichtung nicht zu. Es fand eine erneute Verhandlung statt. Diesmal beantragte der Staatsanwalt Purmohammadi zwanzig Jahre Gefängnis für mich. Hadschi Rasini (der Richter) verurteilte mich dementsprechend zu zwanzig Jahren.
In Maschhad hatte Mostafa Purmohammadi, der Staatsanwalt der Revolution, zwei weitere Geistliche unter sich: den Scharia-Richter Hadschi Rasini, und Hadschi Hosseiniyan, bekannt als Hadschi Hosseini, als Stellvertreter des Staatsanwalts. Im Hof der Staatsanwaltschaft von Maschhad steht ein kräftiger Baum. Allein dieses Dreier-Team hat Dutzende von Menschen zum Galgen verurteilt, die an diesem Baum gehenkt wurden."
Resa Fani schrieb: "Dann verließ Purmohammadi Maschhad, und wenig später wurde er Stellvertreter des Geheimdienstministers und dann amtierender Geheimdienstminister. Im Jahre 1988 (1367) kam Mostafa Purmohammadi auf Anordnung von Ayatollah Chomeini nach Maschhad zurück. Diesmal suchte er in Begleitung einer Delegation, deren Aufgabe es war, die Gefängnisse zu "säubern", die Gefängnisse von Maschhad auf. Binnen weniger Tage übergab er mehr als 100 politische Gefangene dem Henker, die zuvor - auf seinen eigenen Antrag - zu langjährigen Gefängnisstrafen (AdÜ: nicht aber zum Tode) verurteilt worden waren. (AdÜ: Das Jahr 1988 ist als das Jahr des großen Massakers an den politischen Gefangenen in die iranische Geschichte eingegangen).
Zum Schluss schrieb Resa Fani: "Hadschi Purmohammadi wurde wegen seiner direkten und indirekten Beteiligung an terroristischen Aktivitäten im Ausland und wegen Bombenattentaten auf Botschaften und Kulturzentren anderer Länder (wie z.B. in Argentinien) und wegen seiner Beteiligung an den Serienmorden befördert und wurde zum Berater des Leiters des Sekretariats des Revolutionsführers Ayatollah Chamenei und zum Vorsitzenden der politisch-gesellschaftlichen (Arbeits)Gruppe des selben Sekretariats ernannt. Purmohammadi mit seiner unvergleichlichen kriminellen Vorgeschichte in der Staatsanwaltschaft der Revolution, im Geheimdienstministerium und als Berater des religiösen Führers nimmt nun im Kabinett von Ahmadinejad den Posten des Innenministers ein."
Der Parlamentsabgeordnete Pejman Forusesch, der im Februar 2004 als Abgeordneter von Zahedan (Sahedan) ins Parlament gewählt wurde und ebenfalls den radikalen Hisbollahs zugerechnet wird, erklärte am 13. September 2005 seinen Rücktritt. Er protestierte damit gegen die Ernennung von Dr. Habibollah Dehmarde zum neuen Provinzgouverneur von Balutschestan durch Innenminister Purmohammadi. Dr. Habibollah Dehmarde - selbst ein Balutsche - ist unter der Bevölkerung der Provinz Balutschestan völlig diskreditiert, weil er früher im Geheimdienstapparat tätig war und an den Verhaftungen und Hinrichtungen in der Region beteiligt war. Auch steht er im Ruf, "Schutzgeld"erpresser zu sein und einer der Mitverantwortlichen für die Brandstiftung an einigen sunnitischen Moscheen zu sein.
Vergleichbare Leute hat Innenminister Purmohammadi auch als Gouverneure in Kerman und Teheran eingesetzt.
Ali-Schirasi, 21. September 2005
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sw, 26.01.05