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Chatami im Wolfspelz

Damals reiste er noch als Minister
und klärte islamisch auf,
ging reihum in die Dörfer,
und heizte den Kriegsofen auf,
erzählte den armen Müttern,
was man dem Volk so erzählt,
pries islamische Ladenhüter
entstaubt zum Schlussverkauf.

Er sagte: So steht es geschrieben,
das sagt der Prophet, der Koran,
das sagen die zwölf Imame: Auf
gehts, schickt eure Kinder,
ins Schlachtfeld, gegen die Hunde,
gegen die räudigen,
ungläubigen Ketzer.
Euer Lohn ist gewiss.
Im Diesseits, im Jenseits.
Im Jenseits das Paradies,
für jede Mutter, die Moslem ist.

Zum Ende verkündet der Kriegsprophet
wie zum Gebet:
Ihr lieben muslimischen Mütter,
lasst eure Kinder ziehn in den Krieg,
so will es Chomeini, so will es Gott,
so werdet ihr frei von aller Not!
Und bleibt euer Sohn am Leben,
so wird er zum Held des Islam,
und hat er sein Leben gegeben,
so zweifelt nicht dran:
ihn erwartet das ewige Leben
im Schoß des Propheten.

Die Saat fiel auf fruchtbaren Boden.
Wie Mücken verbrannten die Kinder,
im Ofen der Bomben und Minen.
Das sind die Früchte
des begnadeten Redners.

Chatami im Schafspelz

Jetzt verteidigt er glühend
Freiheit und Demokratie,
doch für die Gegner der Theokratie
gilt dieses Recht nie.

Jetzt ist er ein wackerer Kämpfer
für die Rechte des Volks,
vorausgesetzt natürlich,
es pariert dem Führer und folgt.

Jetzt steht er fest auf dem Boden
der Verfassung und des Gesetzes.
Doch das heißt:
abgehackte Hände,
ausgestochene Augen,
ein Hagel spitzer Kiesel,
der dich lebend begräbt.
Ein satanischer Garten,
das ist: Islamisches Recht.

Und eifrig verteidigt er jetzt
die Opposition, fürsorglich hat er sie
selbst ins Leben gerufen.

Er ist die Offensive des Charmes:
Lächeln, bitte, die Kamera läuft.
Sie läuft, um die Welt zu täuschen,
und lächelnd betrügt er das Volk.

Auch er hat einen Traum:
von der Begegnung der Kulturen
vom Dialog, oder besser
vom friedlichen Monolog
des Schwerts.

Ali Schirasi, 24.06.2000

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