Quelle: Sindelfinger Zeitung, 1.12.2005 | ||
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Mit den Deutsch-Iranern Ali und Solaleh Schirasi hieß es eintauchen in eine fremde Welt. Durch ihre Texte und die Tanzgruppe Schiras ließen sie für einen Abend Persien im Sindelfinger Pavillon erstehen. Der Frauenverband Courage und die IG Kultur veranstalteten den Abend anlässlich des Tages der Gewalt gegen Frauen.
Wie Blüten die aufblühen, wie Pflanzen im Wasser oder wie tanzende Blätter im Wind. Die jungen Frauen der Tanzgruppe Schiras faszinieren mit ihren Darbietungen. Traditionelle persische Tänze, wie von Beduinen, werden ebenso geboten wie ein moderner Tanz zu Musik, die sich aus hämmernden Bässen und den klassischen Klängen zusammensetzt. Besonders bezaubernd sind die Handbewegungen der Tänzerinnen, die sich in farbenfrohe Gewänder gehüllt, wiegend über die Bühne bewegen.
Die Musik erklingt dabei faszinierend fremdartig. Das Besondere an den Darbietungen ist, dass Tanz-Aufführungen für Frauen im Iran bis heute verboten sind. Und so ist dieser Abend auch immer eine Gratwanderung zwischen schönen persischen Traditionen und der Erinnerung daran, wie schwer es vor allem für Frauen im Iran sein kann.
Wenn Ali Schirasi aus seinen Gedichten liest, so läuft einem manches Mal ein kalter Schauer über den Rücken, mit dem Wissen wie viel Wahrheit in diesen Worten steckt. Zwar ist Ali Schirasi am Anfang auf Grund seines Akzentes nicht ganz einfach zu verstehen, allerdings wirken die Texte dadurch noch authentischer. Mit kurzen Sätzen und einfacher Sprache berichtet er von dem Land, in dem er geboren wurde.
Wenn er von der Hochzeitsgesellschaft erzählt, die verhaftet und mit Peitschenhieben dafür bestraft wird, weil sie getanzt haben, dann sind es gerade seine einfachen Worte, die den Zuhörer berühren. Oder bei "Gespräche zwischen Frau und Mulla" wird deutlich, wie die Situation der Frau im Iran aussieht: keine Rechte, keine Ansprüche.
Jammernder Held
Zwischendurch gibt es aber auch eine Geschichte mit einer ganz alten Weisheit. Solaleh Schirasi liest ein persisches Märchen, in dem der Held am Ende kein Held ist und stirbt. Blind durch seine eigene Dummheit, jammert er immer nur davon, kein Glück zu haben. Er schafft es nicht, sich einzugestehen, dass er einfach keinen Verstand hat. Ali Schirasi spielt dazu die Flöte und schafft dadurch den Rahmen für eine unbeschwerte Märchenstunde.
Ab und zu spricht Ali Schirasi auch ein paar Worte auf persisch, die den deutschen Zuhörer sofort in eine andere Welt entführen. Fasziniert von der so ganz anderen Sprachmelodie erhält der Abend einen noch größren Zauber. Und doch wird dieser Zauber immer wieder unterbrochen, wenn Ali Schirasi innehält und daran erinnert, wofür er kämpft: für einen freieren und besseren Iran. Und Schirasi weiß, wovon er spricht. Wie seine Frau wurde er auf Grund seiner politischen Aktivitäten im Iran verhaftet und ins Gefängnis geworfen. Beide flohen später gemeinsam aus dem Iran nach Deutschland.
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sw, 18.12.05