Quelle: Schwäbische Zeitung, 12.12.2005 | ||
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Sigmaringen (sgr) Einen wundervollen Märchenabend veranstaltete das iranische Schriftstellerehepaar Ali und Solaleh Schirasi auf Einladung der Sigmaringer Hospizgruppe im Vortragsraum der AOK. Mit orientalischer Kleidung, Flötenklängen und mit exotischen, kleinen Leckerbissen versetzten die persischen Märchenerzähler ihr Publikum in die geheimnisvolle Welt von tausendundeine Nacht.
Fotos: GrimmDas in seinem Heimatland verfolgte und in Deutschland mit Preisen ausgezeichnete Autorenehepaar erzählten seinem Publikum von dem Bräuchen im Iran, einem Land voller Zauber und jahrtausender alter Kultur, in dem jedoch der Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmung geradewegs in die Hölle führen kann. Beide, Solaleh und Ali Schirasi, haben aus diesen Gründen Kerker und Folter erlebt und leben, seit sie dem entfliehen konnten, in Deutschland als freie Schriftsteller.
Bei ihrer Märchenlesung in Sigmaringen war von den erlebten Schrecken aber nichts zu spüren, ganz im Gegenteil. Das Ehepaar, ganz in die märchenhaften Gewänder des Orients gehüllt, strahlte eine große Wärme und Gelassenheit aus. Mit kostbaren Decken verhüllte Tische, die Wand geschmückt mit einem prächtigen Wandbehang und im Licht einer arabischen Lampe, führten die beiden ein in die Gebräuche ihres Landes, in dem natürlich nicht Weihnachten, dafür die Tag und Nacht-Gleiche gefeiert wird. Die ist am 21. Dezember, von da ab werden die Tage wieder länger. Diesen Anlass feiern die Menschen im Iran mit einer Nacht des Geschichtenerzählens, die sehr lang werden kann.
Die persischen Märchen waren immer schon Geschichten für Jung und Alt, spezielle Märchen für Kinder gab es nicht. Natürlich gab es in der Märchennacht auch köstliches, kleines Naschwerk wie Gebäck aus Kichererbsen, getrocknete Früchte, Mandeln und vieles mehr, um der Nacht des Erzählens Behaglichkeit und Süße zu verleihen. Auch die Klänge der landestypischen Flöte dürfen nicht fehlen. Das durfte auch das Sigmaringer Publikum der Schirasis erfahren, verstanden es die Gastgeber doch, mit diesen Ingredienzien einen Hauch orientalischer Nacht im nüchternen Vortragsraum der AOK zu verbreiten.
Abwechselnd lasen Ali und Solaleh Schirasi iranische Märchen, die sich oft, wie in vielen Märchen der Welt, um das Glück drehten, das jemand zu suchen ausgezogen war. Humorvoll und treffend kommentierte Schirasi diese Tatsache: Statt zu sagen, ich habe kein Glück , wäre öfter mal angebracht zu sagen: ich habe keinen Verstand. Doch das würde niemandem einfallen. Die Besucher zeigten sich sehr angetan von den erzählten Geschichten, aber mehr noch von der einfühlsamen Art der beiden Autoren, den Abend zu gestalten. Die Atmosphäre des Morgenlandes mit seine Farben, Düften und Gewändern, untermalt mit den klagenden Klängen der Flöte, entführte für eine kleine Weile in eine andere, faszinierende Welt.
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sw, 30.01.06