Quelle: Südkurier 27.11.2013 | ||
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Markdorf - Exil-Iraner liest und berichtet an der Justus-von-Liebig-Schule
„Es ist nicht selbstverständlich, in Freiheit zu leben“, sagt der iranische Exil-Schriftsteller Ali Schirasi im Hinblick auf die politische Situation in seinem Heimatland Iran früher und heute. Auch wenn die aktuelle politische Lage im Iran Anlass zu vager Hoffnung gebe, sei ein radikaler Richtungswechsel nicht in Sicht. Der Iran sei noch immer ein Land, wo öffentliche Hinrichtungen zur Eliminierung politischer Gegner und zur Abschreckung der Bevölkerung an der Tagesordnung seien und junge, mutige Frauen wegen ihrer Kleidung von der Polizei sanktioniert würden. Doch die Reihen derer, die sich dem Regime entgegenstellten, würden immer länger, berichtete Schirasi den Zuhörern seiner Lesung an der Markdorfer Justus-von-Liebig-Schule. „Die Frauen im Iran sind mutiger als die Männer“, sagt seine Ehefrau Solale Schirasi. „Sie kämpfen für einen Richtungswechsel in der Gesellschaft.“
Der Lebensweg der beiden Exil-Iraner sei ein Lehrstück in Demokratie und Zivilcourage, heißt es in der Mitteilung der Schule über die Lesung. Der 1940 in der Nähe von Teheran geborene Ali Schirasi setzte sich schon früh für eine gerechtere Gesellschaft ein. Als junger Mathematiklehrer unterrichtete er 85 Schülerinnen in einer zwölften Klasse. Doch nicht nur die Unterrichtsbedingungen waren verheerend, sondern auch die materielle Situation der Mädchen, die teilweise zerlumpt und in kaputten Schuhen vor ihm saßen.
„Wie kann das sein“, fragte sich der politisch engagierte Lehrer, „in einem Land, das durch seinen Ölreichtum jährlich 20 Milliarden Dollar erzielt? Wohin fließt dieses Geld?“ Doch mehr noch als gegen die materielle Ungleichheit wandte Schirasi sich gegen die politische Unfreiheit während des Schah-Regimes und später nach der Machtergreifung Ajatollah Khomeinis gegen die wachsende Islamisierung des Landes. „Wir wollten Freiheit für unser Land. Wir sagen Nein zu religiösem Extremismus, da er eine Gefahr für die Demokratie ist“, erklärt Schirasi den gebannt lauschenden Schülern des Berufskollegs für Sozialpädagogik die Motive für sein politisches Handeln. Den Kampf für Freiheit büßte Schirasi mit wiederholten, jahrelangen Gefängnisstrafen. 1987 gelang ihm zusammen mit seiner Frau die Flucht nach Deutschland. Trotz des schweren Lebensweges stehen sie unbeirrt zu ihren Überzeugungen. Das neue Buch „Die Wüste glimmt“, das das Leben im Iran unter dem Schah-Regime schildert, geriet da fast in den Hintergrund, so existenziell berührend seien die Ausführungen des Ehepaars Ali und Solale Schirasi gewesen, heißt es über die Lesung.
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