linksrhein Quelle: Schwäbische Zeitung 7. März 2003
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Verdichtete Schrecken und Hoffnungen von Schirasi

LINDAU (sz) - Die "amnesty" - Gruppe feiert heute ihr 25-jähriges Jubiläum im Club Vaudeville

"Verbotene Texte - Verbotene Tänze", lautet das Motto des Abends im Lindauer Club. Zu ihrem 25-jährigen Bestehen präsentiert die Lindauer Ortsgruppe von "amnesty international" eine Lesung des Exil-Iraners Ali Schirasi, sowie Kerzen-, Schleier- und Nomadentänze, die von Schirasis Tochter Marjam und ihrer Tanzgruppe dargeboten werden. Mitveranstalter ist die Volkshochschule Lindau.

Mit fünf wünschte Schirasi sich Schuhe mit heilen Sohlen, mit 14 die Flucht aus der Enge des Dorfes, mit 16 den Besuch der Universität, mit 20 die Überwindung von Armut und Diktatur in seinem Land, mit 35 die Befreiung aus der Haft des Schah-Regimes, mit 44 die Flucht aus Khomeinis Kerkern und mit 55 Jahren eine Welt, in der das Wort Exekution ein Frendwort ist. Das Gedicht "Mein Wunsch" ist Rückschau auf das Leben des iranischen Schiftstellers Schirasi, voller verdichteter Schrecken und Hoffnungen.

Wenn der Schriftsteller von Folter, Unterdrückung und Ungleichheit berichtet, dann weiß er, wovon er spricht. 1940 in einem kleinen Dorf bei Teheran geboren bekam Schirasi bereits in der Koranschule die ersten Peitschenhiebe zu spüren. Mit 16 Jahren wurde er Grundschullehrer und besuchte Abends die Pädagogische Hochschule, um sich als Oberstufenlehrer für Mathematik zu qualifizieren und auf die Aufnahmeprüfung zur Universität vorzubereiten. Beim ersten landesweiten Lehrerstreik 1962 sammelt Schirasi erste Erfahrungen im Kampf um die Freiheit und gründete gemeinsam mit anderen Lehrer eine geheime Zelle, um eine Lehrergewerkschaft aufzubauen. Wegen seiner politischen Aktivitäten wirde Schirasi 1975 unter dem Schahregime zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, jedoch auf Intervention des Internationalen Roten Kreuzes 1978 freigelassen. Nach Khomeinis Machtergreifung wurde er 1983 erneut inhaftiert, bis ihm 1987 die Flucht aus dem Iran gelang. Heute lebt er als Schriftsteller am Bodensee. Ali Schirasi veröffentlichte Gedichte und mehrere Erzählbände. In Vorträgen und Aufsätzen informiert er über die politische Situation des Irans und konfrontiert die westliche Welt mit den Perspektiven der Dritten Welt. Schirasis jüngstes Buch "Steinregen" enthält die Erzählung "Hoffnungen ohne Ende", für die er am 28. April den "Ingeborg Drewitz Literaturpreis für Gefangene" erhielt. Karten zu 3,50 Euro im Vorverkauf, zu fünf Euro an der Abendkasse. Einlass ist um 19.30 Uhr.

Club Vaudeville Lindau, Beginn ist 20 Uhr

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sw, 16.5.03